Eine "Lavta"
KITAB-I EDVâR

KITAB-I EDVâR

Von Nilgun Dogrusoz

(Assoziierter Professor)

Technische Universität von Istanbul

Wie wurde Musiktheorie gemäß den alten Quellen unterrichtet? Was war der historische Entwicklungsprozess der Theorie und der Beziehung zwischen Musiktheorie und ihrer Praxis? Wie unterscheiden sich die alten Werke der Musiktheorie von den zeitgenössischen Werken? Der einzige Weg dies herauszufinden war durch die Untersuchung der Bücher der alten Theorie, welche „edvar“ genannt wurden, ein Begriff, der vom arabischen Wort (adwar) geprägt wurde. Obwohl der Ausdruck sich üblicherweise auf die Zeit bezieht, insbesondere auf die langen Zeitperioden wie Jahrhunderte, wurden theoretische Musikbücher „ Kitâb-i Edvâr”, d.h. Bücher der Zyklen, da usul-s (rythmische Muster) und makam-s bis Ende des 19. Jahrhunderts durch Zyklen erklärt wurden.

Im Sinne der Edvar Tradition wurden theoretische Studien mit El Kindi (9 cc.), Farabi (10jj.) und Ibn- Sina (11jj), welche sich später mit Safiyyyüddin Urmevi (1224-1294) im 13. Jahrhundert zur systematischen Schule wandelte, begonnen. Safiyyüddin bot den analytischen Rahmen, welcher von fast allen bedeutenden Schreibern benutzt wurde. Er systematisierte die Theorie, in der die Tonstufen, die Klassifikation der Modi und Rhythmen, jeweilig die wichtigsten Elemente waren. Ein anderer wichtiger Name war Maragali Abdulkadir, der auch das System von Safiyüddin nutzte und verbesserte. Die Anhänger dieser Meister zollten ihnen auch Anerkennung indem sie ihre Gedenken in ihren eigenen edvar-s zitierten. Manch dieser edvar-s und ihre Schreiber sind die folgenden: „Kitabu′l Edvar” (15.cc) by Hizir Bin Abdullah, “Zeynü′l Elhan” (15.cc), by Ladikli Mehmed, “El Matla" (16.cc) by Seydi, "Kitab-i Ilmü′l Musiki Ala Vechil Hurufat," (18.cc) by Kantemir, "Tefhimü′l Makamat Fi Tevlidin Negamat" (18.cc) by Kemani Hizir Aga and "Tedkik u Tahkik" (18.cc) by Abdülbâki Nâsir Dede and Mecmua-yi Karha ve Naksha ve Sarkiyyat by Hasim Bey (19.cc). Was besonders interessant an dem letzten Beispiel ist, dass Hasim Bey ein Mitglied des neuen osmanischen Hofensembles, das Verwestlichung offen gegenüberstand aber auf die Tradition der edvar gestützt war, war. Aus den oberen Theoriebüchern wird in den folgenden Zeilen die “Kitabü′l Edvâr” von Kirsehirli (15cc) zum Hauptfokus.

Obwohl das originale Buch im Jahre 1410 von Kirshirli auf Persisch geschrieben wurde (dieses Buch muss noch gefunden werden), wurden die Studien, die in der Türkei gehalten wurden auf verschiede türkische Übersetzungen, welche vom 15. Jahrhundert bis zum 18. Jahrhundert geschrieben wurden, basiert. In unserem eigenen Artikel Risale-i Musiki, welches im frühen 18. Jahrhundert geschrieben wurde und welches bis zum heutigen Tage in der Bibliothek in Ankara #131/1 gehalten wird, war die Hauptquelle. Der Autor dieses Theoriebuches ist unbekannt. Der edvar beinhaltet die Klassifizierung und Beschreibung des makam-s (Modus) usul-s (rhythmischer Zyklus), Stimmungen der Instrumente und die Beziehung zwischen Physiologie, makam-s und Sternen und Planeten.

Edvar Aufsätze bestehen meistens aus einer muqadimma, welcher dann zwei Teile folgen: makam (Modi) und usulk (rhythmisches Muster). Die muqaddimah öffnet traditionellerweise mit einem Gebet, welchem der Grund oder die Gelegenheit und die Hingabe für das Schreiben des Aufsatzes folgen. Dann wird die Wichtigkeit des Wortes oder des Phänomens „musiki“ durch Legenden erklärt. Ein berühmtes Beispiel dafür ist die Legende über Safiyyüddin Urmevi und dem Kamel. Während der Zeit von Safiyyüddin verbot die ulema, die Gelehrten der Stadt von Bagdad, die Praxis der (Wissenschaft) der Musik. Als Safiyyüddin davon hörte, ging er zum Kalif und fragte um Erlaubnis die Wichtigkeit dieser Wissenschaft zu demonstrieren. Der Kalif fragte daraufhin wie diese Demonstration zustatten gehen könnte. Safiyyüddin wies zunächst an, dass man ihm ein Kamel bringe und es für 40 Tage vom Wasser fernhalte um es schließlich am Ende dieser Zeit in der Begleitung von Musik Wasser zu geben. Und wenn das Kamel das Wasser über der Musik wähle, dann solle Musik nicht eine grundlegend wichtige Wissenschaft sein. Als die Zeit für den Test anstand, waren die Leute von Bagdad gekommen um das Kamel mit ihren neugierigen Augen zu betrachten, als man die Füße des Kamels an einen Felsen und Wasser in einer Silberschüssel brachte. Safiyyüddin fing an ein Nevbet-i müretteb im makam von Zirgülr zu singen, als sie das Kamel losbanden. Anstatt sich zum Wasser zu bewegen, stand das durstige Kamel still und drehte seinen Kopf zu dem leidenschaftlich singenden Scheich Safiyyüddin und hatte Tränen in den Augen. Dieser Test wurde drei Mal hintereinander durchgeführt und jedes Mal war das Resultat dasselbe. Und so wurde an jenem Tag verstanden, dass Musik unerlässlich für die Menschheit war und ihre Anerkennung stieg von Tag zu Tag.

Nachdem die Beziehung von der Musik zu anderen Wissenschaften wie Astrologie und Medizin aufgezeigt wurden, wurden technischere Themen im Detail analysiert. In den früheren Theorieaufsätzen nehmen die Erklärungen des Monochords und der Stimmungssysteme einen ziemlich großen Platz ein. Die verschiedenen Klassifizierungen des makams, avazes (Stimme), agazes (Persisch, agaz: Startpunkt), subes (Abteilung) und terkibs (Mischung) sind nun nur noch bekannt als makam. Alle Theoretiker glaubten in die Macht der Musik über die menschliche Seele und nannten diese Macht „Etos“. Diese Ideen wurden von den antiken hellenistischen Philosophen an die Theoretiker der islamischen Welt weitergegeben. Die Theoretiker der islamischen Welt transformierten diese Ideen in die Gebiete ihres eigenen Glaubens. Makam-s beziehen sich auf die 12 Horoskope.

Makam Horoskope Elemente
1. Râst Evvel Hamel ((Stier) Nâri (Feuer)
2. Irâk Sevr (Löwe) Haki (Erde)
3. Isfahân Cevzâ (Zwillinge) Bâdi (Luft)
4. Kûçek Seretân (Krebs) Âbi (Wasser)
5. Büzürk Esed (Löwe) Nâri
6. Zîrgüle Sünbüle (Jungfrau) Hâki
7. Rehâvî Mizân (Waage) Bâdi
8. Hüseynî Akreb (Skorpion) Âbi
9. Hicâz Kavs (Schütze) Nâri
10. Bûselik Cedy (Steinbock) Bâdi
11. Nevâ Delv (Wassermann) Hâki
12. Ussâk Hût (Fische) Âbi

Die 7 agaze beziehen sich auf die 7 Sterne und Planeten. Die 4 subes beziehen sich auf die 4 Hauptelemente der Schaffung des Universums, welche Wasser, Erde, Luft und Feuer sind.
In den Theoriebüchern gibt es außer den Assoziationen zwischen Horoskopen, makam, Sternen und agaze-s, etc. keine histiographischen Informationen. Makam, agaze, und sube wurden im Detail erforscht.

Abb. 1 Kirsehirli Edvâri, #131/1 Ankara Bibliothek

Dieses Beispiel in Abbildung 1ist von Kirsehirli Edvar entnommen. Es ist im Uhrzeigersinn geschrieben. Im innersten Kreis wird der Name von rast makam gezeigt. Im mittleren Kreis sind die wesentlichen Tonstufen abgebildet. Und im äußeren Kreis wirddie rast makam durch das Benutzen von detaillierter melodischer Richtung und Weg erklärt.

Abb. 2 Kirsehirli Edvâri, #131/1 Ankara Bibliothek

In Abbildung 2 wird im inneren Kreis im Namen von usul Hafif abgebildet und im äusseren Kreis werden die Details von Usul gegeben.

Eine Gruppe von Takten, welche die Kreise formiert und in gewisse Segmente aufgeteilt ist, wird von den Theoretikern der Musik in der islamischen Welt ein rhythmisches Muster (usûl) genannt. Diese rhythmischen Muster sind als Kreise angezeigt, weil sie wiederholt und immer wieder auftauchen. Da Musik nicht anders als Poetik betrachtet wird, bestehen rhythmische Muster aus wesentlichen Elementen der poetischen prosodischen Versmaßen (aruz). Die Hauptelemente sind; ten, te-ne, tene, ten en, ta ni, te ne nen, te ne ne nen, welche im Lehren von beiden prosodischen Versmaßen benutzt wird.

Der erste zwischen diesen Theoretikern ist Al-Afrabi. Später wurden seine Schreiben vielmals von Safiyüddin und Abdülkadir Meragi wiederholt. In der Zwischenzeit entwickelten sich neue rhythmische Muster. Safiyyüddin zitiert Al-Farabi in seinem Buch, das sich „Serefiyye“ nennt im Folgenden: rhythmische Muster werden unter zwei Kategorien klassifiziert; angegrenzt und getrennt. Eine Gruppe von Takten, die von gleichen Abständen getrennt ist, wird als angegrenztes Muster gekennzeichnet.

Wenn Takte nicht gleichmäßige Abstände haben, wird es als getrenntes rhythmisches Muster gekennzeichnet.

Die Schaffung und das Verstehen des rhythmischen Kreises (usul-s) werden genau wie die makam Beispiele in Kreis-Diagrammen gezeigt. An dieser Stelle werden Erklärungen über die Formen gegeben. Nevbet-i müretteb wird erklärt. Vor der Erklärung wird eine andere Legende über Safiyyüddin erzählt. ie drei pädagogischen Systeme sind dann gemäß den Meistern seiner Zeit erklärt: kabl, ma und bad. Kbal bedeutet die usul zuerst zu spielen und dann das Lied zu singen. Ma bezieht sich darauf das Lied zu singen während man die usul spielt. Bad ist erst das Lied zu singen und dann die usul zu spielen. Als Konsequenz verstehen wir die Wichtigkeit der usul im Lernen eines Liedes. Später, im 19. Jahrhundert, bestätigt Hasim Bey, dass die usul die Messung des Liedes darstellt. Obwohl Kirsehirli auf die drei Hauptwege des Lernens eines Liedes verweist, betont er wie wichtig es ist mit einem Mesiter zu lernen.

Interessanterweise, weist Kirsehirli jedem makam eine bestimmte Zeit am Tag zu. Zum Beispiel sollten Isfahan, Rehavi, Buselik und andere zwischen Nachmittag und Abend dargestellt werden. Die Assoziationen zwischen makam-s und den Zeiten am Tag werden mit mehr Assoziationen zwischen den makam-s und Menschentypen vorangebracht. Zum Beispiel wäre die makam der rast für eine blonde Person passend.

Später werden die Stimmsysteme der verschiedenen Instrumente, wie ud, ceng und ney gezeigt. Diese Information wird in Diagrammen gezeigt. Gemäß der Antiker, basierten die Namen der Tonstufen von der Position auf eine Nummernordnung. Nummer 1 wurde Yekgâh, Nummer 2 Dügâh, Nummer 3 Segâh, Nummer 4 Çargâh, Nummer 5 Pençgâh, Nummer 6 Sesgâh Nummer 7 Hestgâh, Nummer 8 Heftgâh genannt. Diese Namen sind alle auf Persisch.

Wenn Kirsehirli über das Stimmen von der Çeng spricht, gibt er die Stimmung gemäß des makam von rast an. Die Tonstufen in Rast makam sind als folgende angegeben: Rast, Dügah, Segah, Çargâh, Pencgâh, Hüseyni, Hisar, Gerdaniye, Muhayyer. Als man von Kirsehirli an sehen kann, wurde die erste Tonlage, welche früher Yekgah genannt wurde, zu Rast umbenannt. Ein anderer Gelehrter des 15. Jahrhunderts, Hizir bin Abdullah zeigt auch in seinem Theoriebuch, „Kitab-ül Edvar“, Rast anstatt von Yekgâh. Er nutzte auch Hüseyni, Hisar und Gerdaniye für die 6.,7. und 8. Grade der makam Skala-Grade. Mit Zeit wurde Pencgâh zu Neva und Hisar wurde zu Evc.

Quellenangabe:

DOGRUSÖZ, Nilgün, AGK 131 Numarada Kayitli Risâle-i Musikideki Makaleler, (Sanatta Yeterlilik Tezi: 1997), Istanbul Teknik Üniversitesi Sosyal Bilimler Enstitüsü.

DOGRUSÖZ, Nilgün, "131 Numarali Musiki Risalesi Üzerine", Musiki Mecmuasi, sy.466, Istanbul,1999

DOGRUSÖZ, Nilgün, "Geleneksel Türk Müziginde Makam ve Unsurlari" Osmanli, c.10, Ankara, 2000

KIRSEHIRLI, Kitab-i Edvâr, Ankara: Milli Kütüphane, Nr:131/1