ZEITGENÖSSISCHE TÜRKISCHE MUSIK
DIE GRÜNDUNG DER REPUBLIK UND DIE REVOLUTION IN DER MUSIK IN DER TÜRKEI
29. Oktober 1923 wurde mit der Ausrufung der Türkischen Republik ein neues Kapitel in der Geschichte der Türkei geöffnet. Als das Regime weiterregiert wurde, erlebte die Nation radikale Wandel, die von ihrer Form der Administration bis hin zum Bildungssystem reichen.
Die Revolutionen, die durch die Republik herbeigeführt wurden, begannen unter das Volk gebracht und in die Tat umgesetzt zu werden mit dem Ziel das neue Gesicht der Türkei so bald wie möglich der Welt zu zeigen. Als eines der Produkte des türkischen Eifers nach Westen zu öffnen nahmen die bildenden und darstellenden Künste, welche auch Musik beinhalten, natürlich ihren Platz in der Entwicklung ein. Der Wunsch war es Musik, eines der wichtigsten Bereiche der Kunst, zu Welttrends anzupassen und türkische Musiker in der weit zurückreichenden Tradition einer Konservatoriumsausbildung einzuführen und damit eine ganz neue Zeit in der Türkei zu beginnen. Daraufhin wurde 1924 die Musiki Muallim Mektebi (Musiklehre Schule) mit der Einführung des Tevhid-i Tedrisat Yasai (Bildungsgesetz) gegründet. Die war die erste Schule für Musiklehrer, welche nun die erste Generation von Komponisten und Darstellern in der Türkei hervorbrachte. Das Palastorchester, das seine Aktivitäten in Istanbul weiterführte ziehte in die neue Hauptstadt nach Ankara um, wo es den neuen Namn, Riyaset-i Cumhur Musiki Heyeti (Musikensemble des Premierministeriums) annahm.
Diesen Entwicklungen folgend wurde zwei Jahre später, im Jahre 1926. das Konservatorium, welches bis dahin als Dârülelhân bekannt war und in dem Mesrutiyet Zeitraum geöffnet hatte, zu Belediye Konservatuari (Gemeindekonservatorium, heute: Das Staatskonservatorium der Universität von Istanbul), umbenannt und bot Bildung in westlicher Musik an. Im selben Jahr wurde die Tesbit ve Tasnif Kurulu (Bestimmung und Klassifizierung Komitee) in Istanbul geschaffen um die Aufgaben Volksmusik zu sammeln, sie in westlicher Notenschrift aufzubewahren und ein Archiv zu schaffen zu übersehen. In dieser Zeit übernahm die Riyaset-I Cumhur Musiki Heyeti die Pflicht mit einer vier- monatelangen Europatour den kulturellen Reichtum des neu formierten Staates darzustellen.
Die neu eröffneten Musikschulen und andere Institutionen begannen ihre Produkte innerhalb eines Jahres hervorzubringen. 1925 wurden türkische Musiker, die auf verschiedenste Konservatorien in Europa gegangen waren in der Schule für Musiklehrer eingestellt. Bis 1927 wurde ein Repertoire, das aus verschiedenen Märschen und polyphonischen Liedern bestand, geschaffen und von 1930 an begannen die ersten Werke, die mit zeitgenössischen Techniken komponiert wurden, herauszukommen. Die Halkevleri (Häuser des Volkes) wurden etabliert um die Einführung und Erklärung all dieser Entwicklungen in jedem Teil des Landes sicherzustellen. Die Riyaset-i Cumhur Musiki Heyeti, schloss sich an das Nationale Ministerium für Bildung an und nahm einen neuen Namen, Riyaset-i Cumhur Filarmoni Orkestrasi, (Philharmonisches Orchester des Premierministers), welcher von Atatürk bewilligt wurde. Nachdem der Dirigent Isman Zeki Üngör zurücktrat leitete Ahmet Adnan Saygun das Orchester für eine kurze Zeit und wurde später von Dr. Ernst Praetorius, welcher bis 1946 Dirigent blieb, ersetzt. Innerhalb kurzer Zeit war die erste Phase der Musikrevolution der Türkei mit den Erflogen dieser Schulen und Institutionen, die sich im Land (und zu einem geringeren Ausmaß im Ausland) zeigten, komplett.
1935 wurde die Generaladministration der Bildenden Künste gegründet, welcher das Staatskonservatorium Ankaras 1936 folgte und die zweite und dritte Generation der Komponisten der Türkei trainierte. Im selben Jahr vereinigte sich die Schule für Musiklehrer mit der Gazi Terbiye Enstitüsü und wurde zu einem ihrer Abteilungen und brachte einen deutschen Musiker, Eduard Zuckmayer als Leiter. Außerdem komponierte Ekrem Zeki Ün zur selben Zeit die erste Musik für das Saitenquartett im traditionellen Intervallsystem türkischer Musik.
1936 stellt man fest, dass die Europäer, die die Türkei besuchten, nicht nur den Konservatorien Rat gaben, sondern auch in anderen Bereichen beschäftigt waren. Der ungarische Komponist und Etno- Musikwissenschaftler Béla Bartók kam im selben Jahr in die Türkei und recherchierte die Sammlung und Evaluation der Volksmusik in verschiedensten Gebieten Anatoliens und tauschte seine Ideen mit türkischen Musikern, wie Ahmet Adnan Saygun, aus. Dies führte 1938 zur Gründung des türkischen Volksmusikarchivs innerhalb des Staatskonservatoriums Ankaras. Im selben Jahr wurde die Askeri Mizika Okulu (Militärsmusikschule) eröffnet.
Die Musikrevolution in der Türkei war zweifellos mit der Hilfe von Komponisten und Darstellern, die sich der Musik und dem Fortschritt der türkischen Musik gewidmet hatten, gestartet. 1940, bevor die erste Generation türkischer Komponisten, die ihre Kompositionen an die Welt als „Die Türkischen Fünf“ unterbreiteten, müssen wir unsere Musiker erwähnen, die sowohl als Komponisten und Forscher begannen die ersten Grundlagen für unsere zeitgenössische Musik und für die Republik zu legen. Wertvolle Forscher wie Halil Bedii Yönetken (1899-1968), Mahmut Ragip Gazimihal (1900-1961), Cevat Memduh Alta (1902-1995), Dr. Suphi Ezgi (1869-1962) und Rauf Yekta Bey (1871-1935), als auch Muzaffer Sarisözen (1899-1963) und Ahmet Kudsi Tecer (1901-1967) legten großartige Bemühungen um die erste Generation türkische Komponisten auszubilden an den Tag.
Die Gruppe der Komponisten, die von Forscher und Bildender, Halil Bedii Yönetken, als die Türk Besler (Die Türkischen Fünf) nennt, sind Semal Rest Rey (1904-1985), Hasan Ferit Alnar (1906-1978), Ulvi Cemal Erkin (1906-1972), Ahmet Adnan Saygun (1907-1991) und Necil Kâzim Akses (1908-1999). Unter all unseren Musikern machten die Türkischen Fünf den größten Beitrag zu dem Projekt, „westliche Musik zu verbreiten und zu institutionalisieren“, welches in der Zeit der Republik begonnen wurde. Aber später rückten diese Merkmale in den Hintergrund und jeder entwickelte seine eigene originale Musiksprache. Außer die erste türkische Repräsentativ der Musik Türkeis im 20.Jahrhundert in europäischen Konzerthallen zu sein, dienten die Türkischen Fünf unter anderem auch als Lehrer für die zweite und sogar die dritte Generation der Komponisten, die in den Konservatorien aufkamen.
Unter den türkischen Komponisten des 20. Jahrhunderts dessen Namen genannt werden müssen, sind die Folgenden: Bülent Arel (1919-1991), einer der weltweiten Vorreiter in elektronische Musik; Ilhan Ismanbas (1921-), Meisterrepräsentativ der zeitgenössischen Trends in der Türkei; Nevit Kodalli (1924-), der einen wichtigen Platz mit seinen Kompositionen und den Inhalten seiner Werke sich erronnen hat; Ilgan Mimaroglu (1926-), bekannt für seine elektronische Musik und seine Artikel und Bücher; Ferit Tüzün (1929-1977), erfolgreicher Orchesterkomponist und Komponist von Werken, die auf anatolischer Musik basieren; Muammer Sun (1932-), der außer mit seinen Kompositionen mit seinen pädagogischen Projekten dem Fortschritt der Musikausbildung große Beiträge geleistet hat; Cengiz Tanç (1933-1997), der mit seinen Kompositionen aufgezeigt hat, dass türkische Werke universelle Dimensionen erreicht hat; und Yalçin Tura, Komponist, Schreiber und Lehrender, der sein Leben der Weiterentwicklung der türkischen Musik gewidmet hat. Diese Künstler folgten der Türkischen Fünf und machten ihre Namen in Europa und Amerika als auch in der Türkei, die erfolgreich die zeitgenössische Kunst absorbieren konnte, bekannt.
Im 20. Jahrhundert stoßen wir auf die dritte Generation türkischer Komponisten: Okan Demiris (1942-), Sarper Özsan (1944-), Istemihan Taviloglu (1945-) und Ali Darmar (1946-). Komponisten der vierten Generation, die in die Fußstapfen der vorhergehenden Generation traten, sind weltweit mit ihren Werken bekannt: Meliha Doguduyal (1959-), Hasan Uçarsu (1965-), Mehmet Nemutlu (d.1966-), Ali Özkan Manav (1967-) und Ilteris Sun (1961-). Diese Künstler, die für ihre Werke Preise in den prestigereichsten Kompositionswettbewerben der Welt gewinnen, leisten zu der Musikausbildung unbezahlbare Beiträge, indem sie angehende türkische Komponisten für das nächste Jahrhundert trainieren.